Stellt man sich Afrika als angewinkeltes Knie vor, liegt Kamerun genau in der Kniekehle und wird von Nigeria, dem Tschad, der Zentralafrikanischen Republik, der Republik Kongo, Gabun, Äquatorial-Guinea und dem Atlantischen Ozean umgeben. In unserem Logo kann man es gut erkennen. Es ist über 475.000 km² groß und damit etwa ein Drittel größer als Deutschland. Dafür leben dort aber nur etwa ein Viertel so viele Menschen wie hier, nämlich ca. 23 Millionen (2016). Die größte Bevölkerungsdichte befindet sich in den Ballungsräumen um die Hafenstadt Douala (2,5 Mio.), die bis 1920 Hauptstadt war, und die seit 1920 aktive Hauptstadt Yaoundé (2,5 Mio.). Die dann einwohnermäßig folgenden Städte haben meist nur bis zu 250.000 Einwohner.
Seinen Namen bekam Kamerun von den portugiesischen Seefahrern, die als erste Europäer die Region erreichten. Sie gaben einem Fluss den Namen „Rio dos Camarões“ (Krabbenfluss, heute Wouri) nach den Garnelen, die sie dort fanden. Später wurde der Name für die umliegenden Berge und von den deutschen Kolonialherren (1884-1919) für das ganze Land übernommen.
Kamerun ist in 10 Regionen (früher Provinzen) aufgeteilt. Die flächenmäßig größte Region ist „Est“ (Ost) und liegt im Süd-Osten des Landes. Sie besteht fast ausschließlich aus Regenwald und enthält unter anderem das Wildtier-Reservat „Dja“, das zum UNESCO-Weltnaturerbe gehört. Dort befindet sich auch die Kreisstadt Lomié.
Bezahlt wird in Kamerun und einigen der umgebenen Ländern, die der CEMAC (Zentralafrikanische Wirtschafts- und Währungsunion) angehören, mit dem „Central Afrikanischen Franc“ (CFA oder FCFA; ISO-Code: XAF), der Währung der Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft. Und nicht nur im Namen gibt es Ähnlichkeiten zur Europäischen Union, sondern auch der Wechselkurs des XAF war früher fest mit dem französischen Franc und ist heute mit dem Euro verbunden: 1 EUR = 655,957 XAF; 1.000 XAF = 1,52 EUR.
Die Flagge Kameruns besteht aus den drei panafrikanischen Farben: Grün steht für die Fruchtbarkeit des Heimatbodens („Mutter Afrika“), die Farbe gelb für den Reichtum und die Liebe zum Vaterland und die Farbe rot weist auf das Blut hin, das für die Unabhängigkeit geflossen ist. Der Stern symbolisiert die nationale Einheit.
Die kamerunische Nationalhymne lautet „Chant de Ralliement„. Sie wurde 1957 offiziell angenommen und 1978 im Text noch einmal verändert.
Bevölkerung:
Die Kameruner nennen ihr Land stolz „Klein Afrika“. An der Kreuzung von West-und Zentralafrika, vereint Kamerun alle Arten von Landschaften, alle Klimazonen, alle Vegetationen und alle Glaubensrichtungen (Animisten, Christen und Muslime). Diese einzigartige Vielfalt gibt ihm eine einzigartige geopolitische Lage zwischen den Staaten auf dem Kontinent. Kamerun ist ein Land mit großem Reichtum, wirtschaftlich, landschaftlich und kulturell. Im äußersten Norden breitet sich die Sahara Wüste aus, während im Süden und Osten eine üppige tropische Vegetation mit einer reichen Fauna vorherrscht. Die 286 Volks- und Sprachgruppen mit ihren eigenen religiösen Ritualen vermitteln eine reiche kulturelle Vielfalt. Zahlreiche Völker kamen im Laufe der Geschichte aus allen Himmelsrichtungen nach Kamerun, lange bevor die ersten Kolonialmächte über den Golf von Guinea auf der Suche nach natürlichen Rohstoffen und Sklaven das Land eroberten. Kamerun ist die Heimat von über 230 nationalen Sprachen und Dialekten. Französisch und Englisch sind aber die einzigen Amtssprachen des Landes, ein Erbe der Geschichte Kameruns als Mandatsgebiet sowohl des Vereinigten Königreichs als auch Frankreichs, von 1916 bis 1960. Von 1884 bis 1916 war Kamerun eine deutsche Kolonie, wobei die Zahl der Deutschsprachigen inzwischen bei weniger als 25.000 liegt. Muttersprachler des Deutschen gibt es kaum noch. Deutsch hat allerdings als Fremdsprache einen hohen Stellenwert und wird an fast jeder höheren Schule gelehrt. Im Grenzgebiet zu Äquatorialguinea im Süd-Westen Kameruns, wird zudem immer öfter Spanisch gesprochen.
Geschichte:
Schon im 5. Jahrhundert v. Chr. erreichte der karthager Admiral Hanno den aktiven Vulkan Mount Cameroun, den mit 4070 Metern höchsten Berg West-Afrikas, dessen „hochreichendes Feuer“ seinen Entdecker beeindruckt hat. In der „Neuzeit“ wurde 1472 dann von portugiesischen Seefahrern unter der Führung von Fernando Pôo erneut entdeckt. In der Mündung des Wouri-Flusses, bestaunten sie die Fülle der Garnelen und nannten ihn „Rio dos Camarões“ nennen. Daher der heutige Name von Kamerun. Nach den Portugiesen kamen die Holländer und schließlich auch die Deutschen. Zwischen 1884 und 1918 war Kamerun eine Deutsche Kolonie. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs, vertrieben die alliierten Truppen die Deutschen im Jahr 1918.
Kamerun heute:
Durch den Versailler Vertrag von 1919 ging Kamerun offiziell in den Besitz des Völkerbundes über, der wiederum ein Mandat zur Verwaltung an die Briten und Franzosen gab. Daraufhin wurde Kamerun in ein Britisch-Kamerun und ein Französisch-Kamerun aufgeteilt. Dies erklärt die zwei Landessprachen Französisch und Englisch. Die Franzosen erhielten den größeren Teil (4/5). Nur ganz im Westen regierten den Briten. Die Franzosen errichteten eine vollkommen eigenständige Verwaltung, mit der sie versuchten, das Land möglichst stark an sich zu binden. Sie betrieben in ihrem Teil des Landes einen starken Ausbau der Kakao- und Kaffeeanbauflächen. Wegen der starken Nachfrage, entwickelte sich Kamerun zu einem wichtigen Exportland für diese beiden landwirtschaftlichen Produkte. Es kehrte ein gewisser Wohlstand ein, große wirtschaftliche oder soziale Fortschritte blieben jedoch, wie auch im britischen Teil, aus.
Die Briten hatten nur geringes Interesse an einer wirtschaftlichen Ausbeutung des Landes in eigener Regie. So konnten viele der vorherigen deutschen Plantagenbesitzer ihren beschlagnahmten Grundbesitz auf einer Auktion in London wieder ersteigern. Es kam sogar zu der paradoxen Situation, dass im britischen Mandatsgebiet Kameruns selbst 1938 noch dreimal mehr Deutsche als Engländer lebten. Zudem gaben die Briten ihrem Teil Kameruns eine eigene Verwaltung und weitaus mehr Rechte. Schließlich zogen sich die Briten sogar vollständig aus Kamerun zurück.
Politik:
Am 1. Januar 1960 erhielt das französische Kamerun nach einer Volksabstimmung und nach dem Auslaufen des UN-Mandats die Unabhängigkeit. Der Norden des britischen Mandatsgebietes stimmte bei einer vorangegangenen Volksabstimmung für den Anschluss an Nigeria, der südliche Teil entschied sich für einen Anschluss an den Staat Kamerun; so kommt es zu den beiden Amtssprachen Französisch und Englisch und dem Problem zweier komplett getrennter Verwaltungssysteme. Mit dem Beitritt von Britisch-Kamerun entstand am 1. Oktober 1961 die Förderative Republik Kamerun.
Diese institutionelle Dynamik hat im Lauf der Zeit viele Probleme erzeugt, die nur durch eine Einschränkung der Demokratie- und Freiheitsrechte unter Kontrolle zu bringen waren. Am 20. Mai 1972 wurde aus der Bundesrepublik Kamerun ein Einheitsstaat, die Vereinigte Republik Kamerun. Der 20. Mai ist daher auch der Nationalfeiertag.
Seit der Unabhängigkeit 1960 ist Kamerun eine Präsidialrepublik. Von 1960 bis 1982 war Ahmadou Ahidjo das erste Staatsoberhaupt. Er errichtete jedoch eine Diktatur, etablierte seine Partei 1966 zur Einheitspartei und vorbot schließlich 1976 alle anderen Parteien. Am 6. November 1982 trat er aus gesundheitlichen Gründen zurück und ernannte seinen Wunsch-Nachfolger Paul Biya zum Staatspräsidenten. 1983 entwickelten sich ernsthafte Konflikte mit seinem Nachfolger und im Juli 1983 ging Ahidjo ins Exil nach Frankreich. Er wurde am 8. Februar 1984 in Abwesenheit wegen Teilnahme an einer Verschwörung gegen Biya zum Tode verurteilt. Am 14. März wurde das Urteil in lebenslange Haft umgewandelt. Ahidjo starb 1989 in Dakar.
Paul Biya hat – auf Druck der Bevölkerung – zunächst die Pressefreiheit und dann 1991 die Mehrparteiendemokratie wieder eingeführt. Die Pressefreit beschränkt sich allerdings auf Print-Medien; Radio- und Fernsehstationen werden weiterhin kontrolliert. Im Jahr 1992 kam es dann zu den ersten freien Wahlen in Kamerun, bei denen Biya erneut gewann. Die Opposition vermutete Wahlbetrug, da ausländische Wahlbeobachter behindert wurden. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Oppositionsparteien zu sehr zersplittert waren (bei der Wahl traten 32 Parteien an), um ihre Stimmen zu bündeln. Trotzdem hatte das Wahlergebnis zur Folge, dass die Partei Biyas, die RDPC (89 Sitze) mit der größten Oppositionspartei UNPD (65 Sitze) koalieren musste. Bei den Wahlen 1997 und 2004 wurde er bestätigt. Die letzten Wahlen fanden am 9. Oktober 2011 statt. Paul Biya, damals 78-jährig, trat erneut an und wurde mit 77 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Dem Vernehmen nach will er sich bei den Wahlen 2018, dann 85 Jahre alt, noch einmal zur Wahl stellen.
Kamerun ist seit 1995 Mitglied des Commonwealth of Nations (früher „British Commonwealth“). Es hat zudem traditionell gute Beziehungen zur zweiten ehemaligen Kolonialmacht Frankreich.
Wirtschaft:
Das durchschnittliche Jahreseinkommen pro Einwohner liegt bei etwa 800 Euro. Es leben mehr als 40% der Bevölkerung in absoluter Armut und für weitere 20% reicht das Einkommen nicht aus, um Bildung, Gesundheit und weitere soziale Dienstleistungen zu finanzieren. Die Arbeitslosigkeit liegt bei durchschnittlich 25 Prozent der Bevölkerung, wobei diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind. Zwar gibt es – vielleicht zu fortschrittliche – Gesetze für das Arbeitsrecht nach französischem Vorbild mit einem großzügigen Schutz der Arbeitnehmer (Mindestlohn, gesetzliche Pflicht zu Abfindungszahlungen gestaffelt nach Dienstjahren, wenige mögliche Entlassungsgründe, großzügige Kündigungsfristen), aber tatsächlich werden die meisten Angestellten außerhalb des staatlichen Sektors schwarz angestellt und das Arbeitsrecht nur beschränkt beachtet.
Die Korruption ist ein weit verbreitetes Problem. Kamerun nimmt den Platz 146 von insgesamt 178 gelisteten Staaten auf der Weltrangliste von Transparency International im Jahr 2010 ein (je höher die Platzzahl, desto mehr Korruption ist vorhanden). Die überbordende Bürokratie und Intransparenz der administrativen Prozeduren fördert das Phänomen. Die Justiz gilt als vollständig korrupt. Lynchjustiz gegenüber auf frischer Tat ertappter Straftätern ist weit verbreitet und wird in der Regel durch das mangelnde Vertrauen in die Integrität der Sicherheitskräfte begründet. Der Hafen von Duala gilt als eines der Zentren der Korruption. Die Zollabfertigung ist von Intransparenz, Willkür und Bürokratie gekennzeichnet.
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